Auf den Hund gekommen

"Er schlägt uns völlig aus der Art,"
Beklagte sich die Mutter:
"Er strebt nach geistigem Besitz
Und nicht nach Hundefutter!"
Der Vater kläffte dann und wann
Und konnte wenig machen;
Der Welpe mopste sich zum Mann
Und packte seine Sachen.

Sein Wissenshunger führte ihn
Zur Universität,
Wo altes Professorenvieh
Gedankenwürste dreht.
Die Würste wurden ihm serviert
In feinster Schweinehaut,
Die Lehrstoffüllung war püriert
Und viermal vorgekaut.

Man sagte ihm, in diesem Fraß
Erschöpfe sich Studieren
Und schließlich müsse er den Stoff
Verlustfrei repetieren.
Der Mops verschmähte solche Kost.
Er suchte eignes Essen.
Nur harte Knochen waren ihm
Ein gefundnes Fressen.

"Es scheint, er schlägt ganz aus der Art."
Erklärte der Dozent:
"Der dünnste Lehrstoff ist ihm fremd,
Den wahrlich jeder kennt!"
Der Mops ließ gern das Studium sein,
Er hatte klar erkannt:
Veränderung der Welt allein
Hat bleibenden Bestand.
Man denke nur, wie selbstlos er
Für allgemeines Recht
Bald jeder hündischen Partei
Wird liefern ein Gefecht;
Wie er bald allergrößte Tiere
Geschickt und klug bezwingt
Und in geheiligste Reviere
Zum Wohle aller dringt.

Man sieht schon schier wie Mopsefell
Und kurze Mopsezähne
Sich wandeln in ein Löwenmaul
Und würdevolle Mähne.

Doch leider, lieber Leser, leider
Ging die Geschichte anders weiter.
Der kleine und gemeine Mist
Zieht bleischwer abwärts. Wie ihr wißt,
Wird hoffnungsvoller Jugendschwung
Zu oft, zu schnell Erinnerung.

Im trauten Hundehüttenheim,
Da lebt der Mops seit Jahren
Mit Mopsefrau und Mopsekind
Und immer weniger Haaren;
Mit schlaffem Ohr und feuchtem Aug,
Der Bauch ist kugelrund.
Auch er - die Mutter hatte recht -
Ist nur ein armer Hund.

Er kläfft, wenn er die Zeitung liest,
Beim Kaffee dann und wann:
"Erwachsen ist man, wenn man sieht,
Daß man nichts ändern kann."

© Ralf Schauerhammer