Miranda

Prinzessin Miranda war wundermild,
sie lebte im Schloss am Marmarameere.
Sie war so edel wie Elfenbein,
war schöner noch als ihr Spiegelbild.
Doch schnürten Mauern und prachtvolle Leere
ihr Lebensfreude und Jugend ein.

Es fliegt im goldenen Federkleid,
kein Vogel nur eine Elle weit.
Sie war schon lange nicht mehr Kind
und wäre seit Jahren so gerne
hinaus in die weite Ferne
gefahren mit Segeln im Wind.

Ein Dichter im kleinen Kämmerlein,
erahnte von ferne Mirandas Verlangen
und legte es singend in sein Gedicht.
Er schrieb es so kunstvoll, in Worten so rein,
wie Lichtstrahl im Bergkristall eingefangen.
Doch die, die es hörten verstanden es nicht.

Der Samen, gelegt in die Erde hinein,
wird Baum und zersprengt das Felsengestein.
Der Dichter sang zum Lobe des Herrn,
so wie die Vögel singen,
und sieh, es freute das Klingen
im Himmel den Morgenstern!




P.S.: Diese Kanzone möchte in dieser so nüchternen Zeit, in der selbst die Lyrik prosaisch sein soll, nur die Poesie besingen.

© Ralf Schauerhammer